Eine weitere Woche ist vergangen und somit habe ich auch die
ersten Vorlesungen in der Uni hinter mir. Ich versuche die ganzen Eindrücke
ohne etwas zu vergessen zu beschreiben.
Also wo war der letzte Stand? Ich habe glaub im vorigen Post
was von einer Orientierung geschrieben und genau da möchte ich heute starten:
Gegen 8 Uhr habe ich mich in die Nähe des angegebenen Hörsaals begeben, wo die
Willkommensveranstaltung für alle neuen internationalen Studenten stattfinden
sollte. Davor wurde ich erstmal von einer großen Schlange überrascht und habe
mich einfach mal dazugestellt, was sich als gute Entscheidung erwiesen hat.
Denn man musste sich registrieren und dafür habe ich eine Willkommenstüte
bekommen inklusive Stift, Karte des Uni-Geländes und einem kleinen Reiseführer
von Kuala Lumpur. Danach habe ich mir das Frühstück, das von der Uni ausgegeben
wurde, schmecken lassen, wobei ich nicht genau sagen kann, was ich da
eigentlich gegessen habe. Ein Sandwich mit Thunfisch und etwas das vom
Geschmack her eine Kartoffel gewesen sein könnte. Danach ging es in den großen
Hörsaal und auffällig war, dass gut 85% der neuen Studenten Chinesen waren,
wobei bestimmt auch einige Koreaner oder Japaner darunter waren. Die
Veranstaltung an sich war nicht sonderlich spannend. Es wurden halt die
grundsätzlichen Regeln wie Kleiderordnung und Verhalten auf dem Campus
angesprochen, dann wurde noch Werbung für die Uni gemacht, die in den
Wirtschaftswissenschaften anscheinend zu den besten 150 der Welt gehört. Gar
nicht mal so schlecht würde ich sagenJ
Dann durften wir noch Vorträgen von einem Polizisten lauschen, der uns zum
Thema Sicherheit in Malaysia einiges erzählte. Danach erfuhren wir wie man ein
Bankkonto in Malaysia eröffnet und für mich persönlich ganz wichtig: Es waren
Leute von dem Immigration Office da, die nochmal betonten, wie wichtig es sei
mit einem Studentenvisum legal im Land zu sein und die am Ende dann aber gesagt
haben, dass wir eh alle ein Visum hätten und es daher kein Problem sei. Apropos
Visum: Mich haben schon viele gefragt wie es damit aussieht: Naja kurz und
knapp kann ich dazu nur sagen, dass ich mich nicht für ein Visum bewerben werde
und einfach innerhalb von 90 Tagen einmal ausreisen werde, damit ich ein
weiteres 90 Tages Touristenvisum bekomme. Falls niemand der das liest mich bei
der malaiischen Regierung verpetzen sollte, dürfte das auch ausreichen für mein
Semester hier.
Genau das Highlight der ganzen Veranstaltung waren dann noch
Spiele, die das Eis brechen und dafür sorgen sollten, dass die internationalen
Studenten miteinander in Kontakt kommen sollten. Naja das war auf der einen Seite
lustig, auf der anderen Seite mega nervig, da ihr euch vorstellen könnt wie
lange es dauert, bis sich ca. 300 Leute nach dem Geburtsdatum sortiert haben.
Vor allem die Langsamkeit meiner chinesischen Mitstudenten hat mich manchmal an
den Rand der Verzweiflung gebracht, da diese einfach immer im Weg gestanden
sind. Aber das gehört wohl zu dem Kulturschock dazu J. Ich hoffe man hört die
Ironie etwas heraus, aber alles in allem war es ein guter erster Tag auf dem
Campus, was mit Sicherheit an dem super Abendessen lag, das für uns alle
zubereitet wurde. Mittlerweile haben übrigens die meisten meiner
Geschmacksnerven Selbstmord begangen, weshalb ich das Essen in seiner ganzen
Schärfe vertragen kann.
Wenn wir gerade schon beim Thema Essen sind. Ich habe eine
Entdeckung gemacht die wohl mein gesamtes Auslandssemester verändern wird: Es
gibt eine Filiale der Milkshake Factory in Kuala Lumpur und die machen
Milchshakes in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen wie Snickers, Kinder
Bueno, Erdnussbutter-Nutella usw.…ich versuche da nicht öfter als einmal pro
Woche hinzugehen, da ein großer Becher mit Sicherheit meinen Tagesbedarf an
Kalorien und Zucker übersteigt.
Okay aber nun zurück zu den Uni Angelegenheiten: Wie ihr
vielleicht wisst musste ich mich einem kompletten Gesundheitscheck unterziehen,
was ich letzten Montag auch getan habe. Wer schon mal bei der Bundeswehr
gemustert wurde kann sich ungefähr vorstellen, wie es abgelaufen ist. Es wurden
mehrere Blut- und Urinuntersuchungen durchgeführt, mein Brustkorb wurde
geröntgt (ohne irgendwelche Bleiwesten oder sonstigen Schutz und der Arzt hat
hinter einer Holztüre gewartet (!!)) und meine Augen, Ohren, Nasen etc.
untersucht. Alles in allem kam als Ergebnis heraus, dass ich kerngesund bin und
somit fit genug zum Studieren an der Uni hier. Auch habe ich keine krassen
Krankheiten wie AIDS oder Hepatitis, worüber ich sehr froh bin.
Okay aber nun zum Uni Alltag in der ersten Woche hier:
Grundsätzlich unterscheidet sich die Lernkultur total von
dem was ich aus Deutschland gewohnt bin. Zunächst einmal sind die Kurse viel
kleiner und in Gruppen mit maximal 50 Studenten aufgeteilt. Der Professor kennt
in der Regel die Namen und eine Vorlesung verläuft eher wie eine Schulstunde
ab. Auch ist man hier automatisch für die Prüfung angemeldet, wenn man sich in
den Kurs einträgt und muss sich nicht wie bei uns selbst darum kümmern.
Insgesamt bekommen die Schüler alles eher mundgerecht serviert und müssen sich
nicht um organisatorische Dinge wie Stundenplanerstellung etc. kümmern. Die
Notengebung ist ebenfalls anders: So schreibt man nicht eine Abschlussklausur
die 100% zählt, sondern in meinen Kursen habe ich 2 Tests während des
Semesters, die jeweils 15% zählen, die Abschlussklausur am Ende mit 40% und die
restlichen 30% werden dann mit Präsentationen und Hausarbeiten gefüllt. Also
kann man sagen, dass ich schon etwas zu tun habe unter der Woche. Vom Niveau
her kann man es durchaus mit Deutschland vergleichen, also ich persönlich finde
es weder schwerer noch leichter. Auf jeden Fall muss ich mich von dem Gedanken
verabschieden, dass ich hier nur zum Reisen hier bin und auch wirklich was tun
muss, denn die erste Präsentation steht z.B. schon in 2 Wochen an. Persönlich
habe ich aber auch einige Erlebnisse gehabt, die ich euch nicht vorenthalten
möchte.
Nummer 1 war, dass ich am Montag eine halbe Stunde alleine
in einem Raum gewartet habe und dann einfach gegangen bin und dachte die
Vorlesung würde am ersten Tag noch nicht stattfinden. Naja falsch gedacht. Ich
kann mich noch nicht in das Online Lernsystem der Uni einloggen und hab nicht
mitbekommen, dass der Raum kurzfristig geändert wurde. Ich habe es erst
gemerkt, als mich die ganzen malaiischen Studenten am Mittwoch gefragt haben,
wo ich denn bei der ersten Vorlesung war. Ganz witzig war, dass der Professor
mich zuerst gar nicht wahrgenommen hat und dann die ersten paar Minuten auf
Malaiisch angefangen hat zu reden bis ich mich dann gemeldet habe und die
Veranstaltung wegen mir auf Englisch stattfinden muss. Ich weiß nicht, ob ich
mir da unbedingt Freunde gemacht habe bei meinen Mitstudenten.
Naja ich habe euch doch schon erzählt, was für eine
Attraktion europäische Männer hier auf dem Campus sind. Eine Studentin ist nach
der Vorlesung einfach auf mich zugekommen und hat mir gesagt, dass ich genauso
wie Prinz William aussehen würde. Klar wollte sie dann ein Selfie mit mir und
hat mich dann sogar nach einem Autogramm gefragt, um bei ihren Freundinnen
angeben zu können, was mir dann aber doch etwas zu viel des Guten war. Mega
lustig, da mich die Mädels Gruppe von nun an immer mit „Prinz Philipp“
anspricht. Ich denke es gibt schlechteres als mit einem Prinzen Titel begrüßt
zu werden am Morgen.
Zum Abschluss möchte ich noch auf den Tagestrip eingehen,
den die Uni für uns organisiert hat. Wir sind nach Malakka gefahren, eine
Küstenstadt mit etwa 300.000 Einwohnern ca. 150km von Kuala Lumpur in Richtung
Süden entfernt. Das besondere an der Stadt ist, dass sie seit 2008 auf der
Unesco Weltkulturerbe Liste geführt wird und aus gutem Grund wie ich meine. Denn
man kommt sich wie in einem Freiluft Museum vor, da das Bild besonders von
Kolonialbauten von den Portugiesen, Holländern und Engländern geprägt ist. Also
könnte man sagen, dass hier die Geschichte Malaysias auf engem Raum abgebildet
ist. Auch finden sich Kirchen, Moscheen und Tempel (buddhistische, taoistische,
konfuzianistische und hinduistische) nicht weit weg voneinander. Doch mehr dazu
in den Bildern. Ein Erlebnis möchte ich besonders hervorheben und zwar bin ich
ja nicht gerade dafür bekannt schüchtern zu sein. Also habe ich in einem Tempel
einfach einen Mann angesprochen und wollte nur wissen, um was für eine Art es
sich denn dabei handelt. Naja und dann habe ich einfach mal eine Führung der
besonderen Art durch 3 verschiedene Tempelanlagen bekommen und einen Vortrag
über die Unterschiede zwischen Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus. Der
Mann selbst war ein buddhistischer Lehrmeister und ich habe bestimmt 1h mit ihm
verbracht, was im Nachhinein ziemlich cool war. Jedoch möchte dazu gar nicht
viel schreiben, denn wen es interessiert, der kann bei Google wohl mehr
herausfinden. Nur so viel: Alle 3 Lehren werden in China praktiziert und sie
ergänzen sich eher als dass sie sich auschließen, da es keine Religionen in
unserem Sinne sind, sondern eher philosophische Weltanschauungen, die auf drei
großen Persönlichkeiten beruhen. Laozi (Taoismus), Konfuzius (das sollte klar
sein) und Siddhartha Gautama (Buddhismus).
Das Zentrum des Konfuizianismus ist die Familie. Wenn es
dieser gut geht, so geht es auch der Provinz gut. Wenn es der gut geht, so geht
es auch dem gesamten Reich gut. So wird der Mensch hier als Teil der
Gesellschaft angesehen und der Fokus liegt auf dem Gemeinwohl.
Im Taoismus geht es um „tao“, was soviel wie der richtige
Weg bedeutet und es wird als das Schöpfungsprinzip angesehen aus dem zum
Beispiel Yin und Yang entstanden sind.
Im Buddhismus geht es um Karma: Tue Gutes, Rede Gutes und
Denke Gutes, dann wird dir auch Gutes widerfahren. Karma ist ganz einfach und
beruht auf Ursache und Wirkung. So erzeugt Gewalt zum Beispiel Gegengewalt.
Keine Angst ich bin nicht irgendwie Buddhist jetzt oder so,
aber mich haben die Ansichten des Mannes tatsächlich beeindruckt und es war auf
jeden Fall eine coole Erfahrung. Er hat mich in das tiefste Heiligtum des
Tempels mitgenommen und gemeint, dass alles schlechte von mir abgefallen sei
damit. Mal schauen, was mir das noch bringen wird, jedoch hatte ich am Abend
plötzlich die Türklinge in der Hand von meinem Zimmer. Ob das ein Zeichen
ist?:)
Der nächste Eintrag ist schon in Arbeit, nur Geduld.
Auf jeden Fall ist Malakka definitiv
eine Reise wert, wenn auch nur für einen Tag.
Viele Grüße
Euer Philipp.
So feiern Malayische Studenten ihren ersten Tag an der Uni |
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